crime fiction III: Navi oder querfeldein

“Landkarten sind für Muschis”, heißt es in Wolfgang Herrndorfs Tschick (Reinbek, 15. Auflage, 2012, S. 104) und die neue Ära der fiktiven Verbrechensermittlung, die durch Kommissarin Lund (2007-2010) eingeleitet wurde, bestätigt diese Vermutung des deutsch-russischen Spätaussiedlers Tschik, der sich für seine Sommerferien auf illegale Weise einen Lada besorgt, um ohne Ortientierungswissen (“Das nächste Problem war, dass wir nicht wussten, wo Süden ist.” ebd., S. 105) und eben ohne Hilfsmittel von Berlin in die Walachei zu reisen. Lund, die im deutschen Feuilleton mit dem fragwürdigen Kompliment: “die harte Sau” gelobt wurde, entspricht Tschicks Reise-, Mobilitäts- und letztlich Migrationsverhalten. Auch Lund verzichtet darauf, mit Navis zu hantieren, sie ist vor keiner wandhohen Karte in ihrem Büro zu sehen und benötigt keine Orientierung, um Verbrechen zu lösen. Sie steht am Tatort und schaut langsam und genau um sich: Ihre Technik heißt reine Wahrnehmung.