Inzwischen ist die Frage ‘Bahn oder Bus?’ eindeutig neu entschieden. In einem vergangenen Semester vor vielen Jahren aber empfahlen Studierende mir den Bus. In der Regel benutzte ich die Bahn, zweimal verspätete ich mich im Sommer zum Wochenanfang leicht, noch nicht mal ein akademisches Viertel voll, aber Pünktlichkeit ist die erste Regel. Einmal stand Hochwasser in der Republik, Züge fuhren sowieso nur in eine Richtung raus, glücklicherweise in die, in die ich sollte. Das zweite Mal eine an der Steige liegen gebliebene Lok. Letzteres war persönlich ähnlich strapaziös wie jene Sturmnacht unterwegs, vor Jahren, als die Deutsche Bahn ihre Züge bei der Unwettermeldung kurzerhand bundesweit ins Depot nach Fulda verschaffte, inklusive Reisende, ohne auch nur eine von jenen Durchsagen zu erwägen, mit denen üblicherweise für verschiedene Serviceangebote nicht gespart wird. Ich wollte nicht nach Fulda. Während man dort noch hätte auf den Bahnsteig treten dürfen (Türen war offen), wäre nicht der Sturm gewesen, bleiben sie auf der Steige aus Sicherheitsgründen zunächst auf unabsehbare Zeit geschlossen. Das stellt mich zwar vor Probleme, aber es handelte sich um Ausnahmen, Natur und Technik.
Der erste Bustest fand also in terminfreien Zeiten Ende September statt, um kein Verspätungsrisiko einzugehen. Das Angebot der Buslinien hat sich in Deutschland gegen das Bahnmonopol durchgesetzt. Bravo. Ich erinnere eine rasche, angenehme Busreise einmal durch Irland und freue mich eigentlich auf Abwechslung. Lesen, schreiben und schlafen in der Nacht waren selbstverständlich möglich. Zentrale Busbahnhöfe schaffen sofort ein anderes Klima der Abreise und des Wartens. Keine Imbiß-Buden (noch keine), keine Trolleys. Es geht einmal quer durch Süddeutschland. Wegen einer Umleitung fahren wir die letzten Kilometer komplett durch das Mittelgebirge, der Fahrer sagt durch, trotzdem pünktlich zu sein. Es steht so im Prospekt. Einmal rauf, einmal runter, in Windeseile. Also nicht durch das Mittelgebirge, sondern über das Mittelgebirge. Schlimme Kopfschmerzen, Magen sitzt ungefähr in der Halskehle. Der Busfahrer ist glücklich, weil pünktlich. Zunächst war es schwierig, in solchen Zuständen über Stendhals Entwurf des égotisme in De l’amour zu sprechen. Dann gewöhnt man sich daran.
Das Lästern über die Deutsche Bahn hat mittlerweile den Charakter eines Volkssports, mit dem sich manche Reisende vor allem während ihrer Bahnreisen selbst unterhalten. Dazu kann man sagen, was man will. Aber der ICE ist eben auch ein kleines aufgeräumtes Büro. Man kommt an und hat alles erledigt. Klar gibt es dort auch Reisende, die morgens um acht Leberwurstbrote auspacken, nicht verstehen wollen, dass sie ihr über drei Sitze übersichtlich arrangiertes Gepäck auf Unterwegsbahnhöfen (dieses Wort hat die Deutsche Bahn erfunden hat, man kann sich also links und rechts davon Anführungszeichen denken) für Mitreisende freiräumen könnten, wenn Menschen einsteigen. Stattdessen rasch die Kopfhörer und den starren weg-Blick aufgesetzt. Im ICE gibt es längst eine gut funktionierende kollektive Routine des mobilen Arbeitsvolkes, das seinen eng zur Verfügung stehenden Raum so effizient und diskrekt wie möglich nutzt, anstatt sich malerisch auszubreiten. Die Reisenden im Bus werden mit programmierten Ansagen auf die schöne Aussicht aufmerksam gemacht und sie genießen gehorsam das weite Tal der Welt, das ihnen zu Füßen liegt. Zwar war kein Wandertag geplant. Warum aber nicht auch spontan sich neu entscheiden ?